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Die holländische Krankheit und Libyen

Holländische Krankheit

Holländische Krankheit

Anders als es vielleicht tönt, befällt diese Krankheit nicht Menschen sondern Ökonomien. Der Begriff geht zurück auf ein Phänomen, welches in den 1960er Jahren in Holland beobachtet wurde. 1959 wurden in den Niederlanden grosse Erdgasvorkommen entdeckt, die in der Folge zu grossen Erdgas-Exporten führten. Diese Exporte führten zu erhöhten Deviseneinahmen durch Aussenhandelsüberschüsse, dadurch stieg der Wert der eigenen Währung. Dies wiederum hatte zur Folge, dass holländische Produkte für den Export teurer wurden. Somit verringerte sich der Absatz in den bestehenden Exportmärkten. Gleichzeitig wurden aber durch die höher bewertete Währung Importe billig, was den Absatz von holländischen Produkten nochmals schwächte. Der Effekt war ein massiver Einbruch der heimischen Industrien.

Kursverhältnis Deutsche Mark versus Niederländische Gulden

Kursverhältnis Deutsche Mark versus Niederländische Gulden

Die holländische Krankheit wirkt sich aber nicht nur negativ auf bestehende, gut entwickelte Volkswirtschaften aus, sie behindert auch eine Entwicklung, z.B. in afrikanischen oder südamerikanischen Ländern. Beispiele dafür sind Algerien oder Venezuela. Beide Länder verfügen über eine gut ausgebildete Bevölkerung und Finanzen für Investitionen. Aber durch die relativ hohe Währung, wird der Export behindert und wie geschildert der Import ebenfalls. Die einheimische Industrie wird so beispielsweise Mühe haben, sich gegen extrem günstige Produkte aus Fernost durchzusetzen. In der Folge sind die Produzenten nicht erfolgreich und ein Rückgang der Produktion wird als Konsequenz zu beobachten sein.

Wenn man sich den aktuellen Fall (Frühling 2011) Libyen anschaut, so kann man zum Schluss kommen, dass ein Diktator wie Gaddafi, der das Geld für sich behält und nicht in die Volkswirtschaft einfliessen lässt, sogar ungewollt die holländische Krankheit verhindert. Wird eine solche Diktatur gestürzt und die Einnahmen fliessen plötzlich in vollem Umfang in die Volkswirtschaft ein, dann muss mit den negativen Folgen der Exportüberschüssen aus dem Rohstoffverkauf gerechnet werden. Spinnt man den Faden weiter, könnte es dazu kommen, dass es nach einem solchen Sturz eines Diktators den Leuten wirtschaftlich plötzlich schlechter geht und sich die Menschen die „alten“ Zeiten zurückwünschen.

Es bleibt die Hoffnung, dass dieses Szenario nur eine theoretische Gedankenspielerei bleibt und dass Länder wie Libyen von der holländischen Krankheit verschont bleiben.

Über David X. Meier

David X. Meier hat einen Master-Abschluss in Sozialanthropologie an der Universität Zürich. Einer seiner besonderem Interesse sind ethnopolitische Ereignisse und Spannungsfelder und die Hoffnung, dass das Bewusstsein um ethnische Fragen dazu beitragen wird, Frieden und Verständigung zu schaffen.

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