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Politische Mitsprache der Amazonas-Indianer

Peru

Peru

Das Amazonas-Becken liegt anders als vielleicht vermutet, geographisch nicht nur in Brasilien sondern erstreckt sich über mehrere Länder unter anderem auch Peru. Nach dem englischsprachigen Wikipedia liegen ca. 60% der Fläche Perus in dieser geographischen Region (des entspricht immerhin der Fläche von Italien und Spanien zusammen!). Nun ist am 14. April 2011 Eduardo Nayap Kinin als erster Indigener aus dem  Amazonasbecken ins peruanische Parlament gewählt worden. Seit 1821 ist Peru unabhängig und nie gab es bisher einen indigenen Abgeordneten aus Amazonien. Endlich ist das anders, die Urbevölkerung bekommt auch in diesem Teil der Welt eine Stimme.

Wer sind die Urbewohner Nordwest-Amazoniens?

Eduardo Nayap Kinin gehört zu den Aguarunas einer Volksgruppe, die ethnisch den Jibaro-Indianern (auch Jivaro oder Shuar) zuzuordnen ist. Zwiespältige Berühmtheit erlangten die Jivaro durch die Kopfjagd und den in diesem Zusammenhang erstellten Schrumpfköpfe. Durch diese Tradition wurden die Jivaro aus Sicht des Westens als unmenschliche Barbaren wahrgenommen und damit einhergehend bis heute eine politische Mitsprache im Staat abgesprochen.  Es ist allerdings spannend, dass gerade die Kopfjagd zeigt, wie die Eroberung Amerikas durch die Europäer ein traditionelles System völlig durcheinander brachte.

Das Schicksal der Kopfjäger

Die Jivaro hatten ihre eigene Kosmologie und eigenen Kriegsritten. So hatte der Geist eines toten Kriegers immer noch Macht. Bei der Prozedur des Schrumpfkopf-Erstellens wurden die Augen verschlossen und der Mund zugenäht und somit der Geist des toten Kriegers gebändigt, gleichzeitig glaubten die Jivaros, dass die Kraft des toten Kriegers auf den Sieger überging. Man kann davon ausgehen, dass die Jivaros nicht oft Krieg führten und so die Schrumpfköpfe eher selten gemacht wurden. Es sei hier ein Vergleich mit dem Ritual des Skalpierens erlaubt, welches gewisse indigene Stämme Nordamerikas praktizierten, auch dies war ursprünglich auf seltene kriegerische Ereignisse beschränkt. Durch den Kontakt der Jivaros mit den Europäern eskalierte aber die Kopfjagd. Die Europäer brachten nämlich neue Krankheiten nach Amerika (z.B. die Masern) denen die indigene Bevölkerung schutzlos ausgesetzt waren. Im Glaubenssystem der Jivaro wurden Krankheiten durch Geister übertragen. Die starke Verbreitung von bisher unbekannten Krankheiten konnte nur schwer verstanden werden und man verdächtigte Nachbarstämme, verantwortlich für diese Krankheiten zu sein, indem diese böse Geister schickten. Das führte dazu, dass beim Tod z.B. eines Kindes durch Masern die Schuld einer Person aus der Nachbarschaft angelastet wurde. Diese Schuld musste in einem System der Vergeltung gesühnt werden. Dies führte zu einer beträchtlichen Zunahme blutiger Kleinkonflikte mit Toten. Zur gleichen Zeit entdeckten die Europäer ihr Interesse an den kuriosen Schrumpfköpfen und begannen diese zu sammeln! Was das bedeutete, kann man sich leicht vorstellen. Ein teilweise reger Handel mit Schrumpfköpfen begann (noch heute werden diese in vielen anthropologischen Museen ausgestellt, z.B. St. Gallen). Nicht-Jivaros, meist Mestizen, die sich im Siedlungsgebiet der Jivaros gut auskannten,  heizten die Gewaltspirale durch den Aufkauf von Köpfen an. Somit eskalierte die Kopfjagd und das soziale Gefüge der Jivaro geriet ins Wanken und destabilisierte sich zunehmend.

Traurige Tropen

Jemand hat den Ausdruck primitive Wohlstandsgesellschaft für viele Ethnien Amazoniens geprägt, d.h. die Menschen lebten einfach, aber in Wohlstand, weil die Ressourcen zum angenehm Leben im Überfluss zur Verfügung standen. Durch den Zusammenprall der Indigenen mit den Europäern wurde dieses System massiv durcheinander gebracht. Krankheit und zunehmende Kriege zerstörten das angestammte System. Dass dies durch den Kontakt mit den Europäern initiiert wurde, wird oft vergessen. In der Folge hatten es die Jivaros schwierig, in den sich bildenden Nationalstaaten Ecuadors und Perus eine politische Mitsprache zu erlangen, da sie als „wilde“ Minderheit nur am Rande wahrgenommen wurden.

Nun im Jahre 2011 haben die Indigenen Amazoniens in Peru einen grossen Schritt getan, ihren Platz in der Welt  zurückzuerobern!

Peru

Peru

The Amazon basin is different than perhaps thought, geographically it lies not only in Brazil but it is spread over several countries including Peru. After the English Wikipedia about 60% the area of Peru belongs to this geographical region (equivalent to the area of Italy and Spain together!). On April 14th in 2011 Eduardo Nayap Kinin has been elected as the first indigenous from the Amazon basin to the Peruvian Parliament. Since 1821 Peru is independent and there was never an indigenous representative from the Amazon area. Finally there is a change, Aboriginal peoples found a voice in this part of the world.

Who are the aborigines of northwestern Amazonia?

Eduardo Nayap kinin is a member of the Aguarunas an ethnic group, which belongs ethnically to the Jibaro Indians (Jivaro or Shuar). The Jivaro became famous mainly through their tradition of head-hunting and the Shrunken heads which were made in this context. Through this tradition, the Jivaro were perceived as inhumane barbarians, and thus denied a political voice in the state. However, it is interesting to understand how head-hunting got disbalanced through the conquest of America by the Europeans.

The fate of the head hunters

The Jivaro had their own cosmology and their own war rites. Thus the spirit of a dead warrior still had power. In the procedure of the creation of shrunken heads the eyes were closed and the mouth sewed up and thus the spirit of the dead warrior tamed, the Jivaros simultaneously believed, that the power of the dead warrior went to the victor. One can assume, that the Jivaros seldom waged war, and so the shrunken heads were taken on rare occasions. Allow a comparison with the ritual of scalping , which some indigenous tribes of North America practiced, this too was originally limited to rare events of war. Through contact with the Europeans headhunting escalated. The Europeans brought new diseases to America e.g. measles against which the indigenous population was exposed and vulnerable. In the belief system of the Jivaro diseases were transmitted by spirits. The proliferation of previously unknown diseases could be understood only with difficulty and they suspected neighboring tribes to be responsible for these diseases, by evil spirits they sent. This led to to the accusation of the neighborhood if for example  a child died of measles. This debt had to be atoned in a system of retribution. This led to a significant increase in small bloody and deadly conflicts. At the same time the Europeans discovered their interest in the curious shrunken heads and began to collect them! What that meant, one can easily imagine. A brisk trade in shrunken heads began (today, these heads are exhibited in many museums, eg. St. Gallen, Switherland). Non-Jivaros, mostly Mestizos, living in the settlement area of the Jivaros fueled the cycle of violence through the acquisition of heads. Thus escalating the head-hunting. As a consequence the social fabric of the Jivaro wavered and got increasingly destabilized.

Tristes Tropiques

Someone has coined the term primitive wealth for many ethnic groups of Amazonia, which means that the people lived simple but in wealth, because the resources for a pleasant life were available in abundance. By the clash of the indigenous with the Europeans, this system was brought out of function. Disease and increasing war destroyed the hereditary system. That this was initiated by contact with Europeans, is often forgotten. As a result, the Jivaros found themselves in difficulty to gain a political voice in the forming nation-states of Ecuador and Peru, since they where considered „savages” and as a minority a negligible quantity.

Now in 2011 Amazonian indigenous peoples in Peru have taken a big step to regain their place in the world!

Über David X. Meier

David X. Meier hat einen Master-Abschluss in Sozialanthropologie an der Universität Zürich. Einer seiner besonderem Interesse sind ethnopolitische Ereignisse und Spannungsfelder und die Hoffnung, dass das Bewusstsein um ethnische Fragen dazu beitragen wird, Frieden und Verständigung zu schaffen.

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